#14Themen: Arbeit und Soziales

Bis zur Landtagswahl am 20. Januar 2013 stellen wir jeden Tag einen Themenbereich aus unserem Wahlprogramm vor, da wir Themen als das wichtigste Wahlkriterium ansehen. Für weitere Themen schaue die nächsten Tage auf dieser Website erneut vorbei oder lade Dir das komplette Wahlprogramm herunter. Eine Übersicht aller #14Themen gibt’s hier.

Heute: Arbeit und Soziales

Ein Mensch kann nur in Würde leben, wenn er ein Recht auf Versorgung seiner Grundbedürfnisse und gesellschaftliche  Teilhabe hat. Wir, die PIRATEN Niedersachsen, fordern deshalb eine an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Arbeits- und Sozialpolitik.

Arbeitspolitische Zielsetzungen

Aktuell ist eine befriedigende Teilhabe der gesamten Bevölkerung am gesellschaftlichen Leben hauptsächlich nur durch Erwerbsarbeit möglich. Daher wurde und wird bis heute die Vollbeschäftigung angestrebt. Wirtschaftspolitisch sollte dies vor allem durch wirtschaftsfördernde Maßnahmen und durch staatlich finanzierte bzw. subventionierte Arbeitsplätze erreicht werden. Unserer Meinung nach ist eine Vollbeschäftigung aufgrund der immer schnelleren technischen Innovationen und der stetig voranschreitenden Automatisierung kaum noch zu erreichen.

Darum setzen wir Piraten uns für ein garantiertes Einkommen ein. Genauso wie die öffentliche Sicherheit, die Verkehrswege und weite Teile des Bildungssystems soll auch die Existenzsicherung ohne direkte Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden. Daher stehen wir für Lösungen, die eine finanziell sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe individuell und bedingungslos garantieren und dabei auch wirtschaftliche Freiheit erhalten und ermöglichen. Wir wollen die Armut verhindern, nicht den Reichtum.

Bedingungsloses  Grundeinkommen und Mindestlohn

Wir sind der Überzeugung, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen eine sichere Existenz als Grundlage für die Entfaltung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsmöglichkeiten nutzen wird. Eine sichere Existenz schafft Freiräume für selbstbestimmte Bildung und Forschung sowie wirtschaftliche Innovation. Sie erleichtert und ermöglicht ehrenamtliches Engagement, die Pflege von Angehörigen, die Fürsorge für Kinder, unabhängigen Journalismus, politische Aktivität und die Schaffung von Kunst und freier Software. Davon profitiert die gesamte Gesellschaft. Bis zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens setzen wir uns für einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn ein. Wir fordern daher einen allgemein verbindlichen Mindestlohn, welcher der von der OECD ermittelten Niedriglohngrenze für Deutschland entspricht.

OECD-Niedriglohn

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ermittelt für jedes ihrer 34 Mitgliedsländer ein mittleres Einkommen. Um dieses Einkommen zu erzielen, muss man den sogenannten Medianbruttolohn verdienen. Ein Arbeitnehmer verdient laut OECD einen Niedriglohn, wenn er nur zwei Drittel des Medianlohns oder weniger von seinem Arbeitgeber bekommt. Läge zum Beispiel der Medianbruttolohn bei 15 Euro, dann wären 10 Euro die Niedriglohngrenze. Diese Niedriglohngrenze liegt momentan bei 10,36 Euro brutto pro Stunde. Sie wird jedes Jahr neu berechnet.

Beratungsstellen für ausländische Arbeitnehmer

Da alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft gleich sind, gilt dies auch für den Arbeitsmarkt. Jeder Arbeitnehmer soll einen vergleichbaren Lohn für vergleichbare Arbeit bekommen. Der Lohn soll sich ausschließlich an seiner Qualifikation orientieren und unabhängig von der Herkunft des Arbeitnehmers sein. Das Recht auf persönliche Lohnverhandlungen ist davon natürlich nicht betroffen.

Seit Inkrafttreten des Arbeitnehmerentsendegesetzes kommt es zu einem verstärkten Zustrom von insbesondere osteuropäischen Arbeitnehmern. Diese kennen ihre Rechte oftmals nicht. Deshalb fordern wir die Einrichtung von Beratungsstellen für ausländische Arbeitnehmer. Während in Berlin, Hamburg und Hessen bereits Beratungsstellen existieren und in Nordrhein-Westfalen und Bayern geplant sind, gibt es in Niedersachsen keine unabhängige rechtliche Beratung. Das niedersächsische Wirtschaftsministerium verweigert sich zudem einer Förderung.

Bei der Verbesserung der Arbeitssituation muss der öffentliche Dienst mit gutem Beispiel vorangehen.

Abschaffung der Zeitverträge im öffentlichen Dienst

Daher ist es unser Ziel in Niedersachsen, Zeitverträge im öffentlichen Dienst abzuschaffen bzw. vorhandene in unbefristete Arbeitsverträge umzuwandeln.

In der Agentur für Arbeit sowie in den Bereichen Gesundheitsversorgung und Soziales der öffentlichen Hand werden Mitarbeiter mit Zeitverträgen eingesetzt. Die in der freien Wirtschaft gängige Argumentation, Zeitverträge seien eine Voraussetzung, um flexibel auf die Wirtschaftslage reagieren zu können, kann für Kommunen, Land und Staat nicht gelten. Dem Staat sollte es möglich sein, eine mittel- bis langfristige Personalplanung zu realisieren, die den neu eingestellten Mitarbeitern eine Perspektive ohne Zeitverträge bietet und sie nicht erpressbar macht.

Reform des Landesvergabegesetzes

Auch Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge – z.B. von Kommunen oder Behörden des Landes – bewerben, müssen dem guten Beispiel folgen. Aus diesem Grund setzen wir uns für eine Reform des Landesvergabegesetzes ein. So müssen die sich bewerbenden Unternehmen sowie deren Subunternehmen ihren Arbeitnehmern mindestens einen Stundenlohn in Höhe der Niedriglohngrenze gemäß OECDDefinition zahlen. Beschäftigte Leiharbeiter müssen den gleichen Lohn wie die Stammarbeitskräfte erhalten. Zudem sollen bei öffentlichen Ausschreibungen für Beschaffungen und Aufträge noch festzulegende Mindeststandards für Umwelt- und Energieeffizienzkriterien eingehalten werden.

Gesellschaftliche Forderungen

Jugendförderung

Neben der arbeitspolitischen Perspektive setzen wir uns ebenfalls für eine Sozialpolitik ein, die sich der gesellschaftlichen Probleme bewusst ist und diesen entgegenwirkt.

Deshalb lehnen wir auch den stetigen Rückzug des Landes aus der Jugendarbeit ab. Alle Vereine, die Jugendarbeit leisten, sowie alle Jugendhäuser sind zu erhalten und zu unterstützen. Jugendhäuser sind wichtige gesellschaftliche Begegnungsstätten. Wie die Sport- und Musikvereine fördern sie den kulturellen Austausch, vermindern sprachliche und kulturelle Barrieren und erleichtern unser aller Zusammenleben. Zur Förderung der Bildung von Kindern und Jugendlichen setzen wir uns darüber hinaus für den Erhalt und Ausbau kostenfreier Büchereien ein. Das Land Niedersachsen muss sich für eine bessere Finanzsituation der Gemeinden einsetzen, damit Einrichtungen der Jugendförderung kommunal gefördert werden können.

Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem

Gewalt betrachten wir als ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht durch reflexartige, einfache Schuldzuweisungen unter den Teppich gekehrt werden darf. Darum lehnen wir es ab, Menschen zu stigmatisieren, die ihre Freizeit mit Computerspielen, dem Paintballsport oder vergleichbaren Aktivitäten verbringen.

Stattdessen wollen wir den verantwortungsbewussten Umgang mit solchen spielerischen Freizeitaktivitäten fördern und Maßnahmen zur Konfliktlösung und Gewaltprävention ausbauen. Pädagogisch-psychologische Fachkräfte sollen flächendeckend in Schulen, Beratungsstellen und Jugendzentren sowie in der Erwachsenenbildung tätig werden.

Internetmobbing als ernstzunehmendes Problem

Ein weiteres ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem, welches viele Menschen und gerade Kinder und Jugendliche betrifft, stellt in unseren Augen das Internetmobbing dar. Das 21. Jahrhundert bietet durch das Internet und weitere technische Errungenschaften viele neue Möglichkeiten zur schnelleren und unkomplizierten zwischenmenschlichen Kommunikation. Trotz aller Vorteile, die das Internet bietet, sollen seine Nachteile jedoch nicht übersehen werden. Deshalb setzen wir uns auch speziell gegen diese Form des Mobbings ein. Durch enge Zusammenarbeit mit zuständigen Stellen und aktive Mitarbeit an Aufklärungsprojekten tragen wir unseren Teil zur Prävention von Internetmobbing bei. Mobbing darf nicht zum Hindernis für den wünschenswerten Umgang mit dem Internet werden.

Mittendrin statt nur dabei – ungehindert behindert

Ebenfalls ein wichtiges Ziel unserer Sozialpolitik ist die konsequente Umsetzung des Inklusionsgedankens der UN-Behindertenrechtskonvention. Dabei stellt die UNKonvention für Menschen mit Behinderungen den rechtlichen Rahmen für eine Gesellschaft dar, an der jeder nach seinen Möglichkeiten gleichberechtigt teilnehmen kann. Dies bedeutet aus unserer Sicht eine Herausforderung für alle staatlichen Institutionen und für die Zivilgesellschaft und erfordert politisches Handeln und landesweite Strategien.

Ein wichtiger Aspekt ist es, die Mobilität von Behinderten zu verbessern. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die gesetzlichen Richtlinien angepasst werden und insbesondere im öffentlichen Personennahverkehr, in Ämtern und Behörden sowie in Bildungseinrichtungen die Barrierefreiheit massiv ausgebaut wird. Um dies zu unterstützen, muss barrierefreies Bauen ein fester Bestandteil der Architektenausbildung werden.

Auch die Eingliederung ins Berufsleben ist ein wichtiger Schritt in Richtung Inklusion. Aus diesem Grund kritisieren wir, dass Unternehmen sich aus der Pflicht „freikaufen“ können, Menschen mit Behinderungen eine Anstellung zu ermöglichen. Der Druck auf niedersächsische Unternehmer, mehr Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen und Arbeitsplätze entsprechend zu gestalten, muss wachsen. Dabei darf kein weiterer Niedriglohnsektor entstehen. Menschen mit Behinderungen sollen in regulärer, tariflich gebundener Erwerbsarbeit ihren Platz finden.

Um Betroffenen mehr Mitsprachemöglichkeiten zu geben, setzen wir uns dafür ein, dass Behindertenbeiräte ein Vetorecht erhalten und von den Betroffenen demokratisch gewählt statt wie bisher eingesetzt werden. Zusätzlich sollen die Beteiligungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen auf kommunaler und Landesebene ausgebaut werden, indem weitere Selbsthilfegruppen und Verbände gefördert werden.

Insgesamt muss Inklusion in Niedersachsen selbstverständlich werden, weshalb wir uns für landesweite Foren einsetzen. Dort sollen alle Beteiligten der Inklusion vertreten sein, um einen gesellschaftlichen Veränderungsprozess in Gang zu bringen.

Auch kann es nicht sein, dass behinderte Menschen kein Vermögen besitzen dürfen bzw. kein Recht auf ein Einkommen von über 1400 € haben, wenn sie Eingliederungshilfen oder eine persönliche Assistenz erhalten möchten. Deshalb werden wir uns für eine Bundesratsinitiative einsetzen, die diesen Missstand abzuschafft.


Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Kommentare geben nur die persönliche Meinung desjenigen wieder, der sie schrieb. Durch die Bereitstellung der Kommentarfunktion machen sich die Betreiber dieser Website die Kommentare nicht zu eigen und müssen daher nicht derselben Meinung sein.

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht öffentlich angezeigt. Verbindlich einzugebende Felder werden mit diesem Zeichen kenntlich gemacht: *