Bis zur Landtagswahl am 20. Januar 2013 stellen wir jeden Tag einen Themenbereich aus unserem Wahlprogramm vor, da wir Themen als das wichtigste Wahlkriterium ansehen. Für weitere Themen schaue die nächsten Tage auf dieser Website erneut vorbei oder lade Dir das komplette Wahlprogramm herunter. Eine Übersicht aller #14Themen gibt’s hier.
Heute: Wirtschaft und Finanzen
Wir, die PIRATEN Niedersachsen, fordern eine ökologische und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Steuer- und Leistungsgerechtigkeit sind die Grundlagen unserer Finanzpolitik. Nur wenn sich jeder entsprechend seiner Leistungsfähigkeit an den gesamtstaatlichen und gesamtgesellschaftlichen Aufgaben beteiligt, kann das sozialstaatliche System überleben.
Die Finanzverwaltung muss sicherstellen, dass alle Bürger und Unternehmen ihren Anteil an der Steuerlast tragen. Eine gerechte und effiziente Steuererhebung und die Bekämpfung von Steuerhinterziehung erfordert, dass die Finanzämter über entsprechende personelle und sachliche Mittel verfügen.
Auch setzen wir uns für fairen Wettbewerb, für die Förderung von Innovationen sowie gegen privatwirtschaftliche Monopole und übermäßige staatliche Regulierung der Unternehmen ein.
Steuerlich entlasten wollen wir insbesondere kleine Betriebe, die Arbeits – und Ausbildungsplätze erhalten und neue schaffen.
Steuerpolitik
Ein transparentes, sozial ausgewogenes und verständliches Steuerrecht
Wir treten für ein einfaches und gerechtes Steuersystem ein.
Die Belastung durch Steuern muss sozial gerecht erfolgen. Bürger mit höherer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit müssen mehr zur Staatsfinanzierung beitragen als Bürger mit geringerer Leistungsfähigkeit. Die von den anderen Parteien über Jahrzehnte erfolgte Senkung der Spitzensteuersätze hat sich als Fehler erwiesen und ist Ursache einer stetig steigenden Kluft zwischen Reich und Arm. Wir wollen diese Entwicklung korrigieren. Steuergerechtigkeit bedeutet auch, dass alle Einkünfte und Vermögenszuwächse der Besteuerung unterliegen müssen.
Steuergesetze sollen möglichst einfach und verständlich formuliert werden. Dort wo komplizierte Regelungen rechtlich notwendig sind, müssen diese vom Staat durch zusätzliche Erläuterungen für den Steuerzahler verständlich gemacht werden. Sie als Bürger dürfen nicht auf Steuerberater angewiesen sein, um sicher zu stellen, dass sie nicht zu viele Steuern bezahlen.
Wir lehnen es ab, dass die Finanzverwaltungen Urteile des Bundesfinanzhofs häufig nicht über den Einzelfall hinaus anwenden und jeder Bürger sein Recht erneut einklagen muss. Wir wollen die Anzahl der Steuerarten verringern. Viele Steuern verursachen für Wirtschaft und Staat einen unverhältnismäßig hohen Aufwand. Hierbei ist insbesondere auf Ebene der Kommunen ein ausreichender Einnahmenausgleich sicherzustellen. Wir wollen eine Vereinfachung des Steuerrechts, keine pauschale Steuersenkung für einzelne Personen- oder Interessensgruppen.
Finanzverwaltung
Zusätzlich fordern wir, dass die Finanzämter sowohl personell als auch sachlich besser ausgestattet werden. Hierdurch soll nicht nur die Bearbeitungszeit von Steuererklärungen verkürzt werden, sondern insbesondere auch die Steuergerechtigkeit erhöht werden. Steuererklärungen großer Unternehmen müssen gründlicher überprüft werden, dazu gehören zeitnahe Betriebsprüfungen und eine umfassendere Nutzung der sogenannten digitalen Steuerprüfung. Die Zusammenarbeit der Länderfinanzverwaltungen muss verbessert werden. Die Finanzverwaltungen müssen in die Lage versetzt werden, Steuerhinterziehung konsequent zu bekämpfen.
Share Deal
Mit Share Deal [engl.] wird eine Gestaltung bezeichnet, bei der ein zu verkaufendes Grundstück zunächst in eine speziell dafür gegründete Gesellschaft eingelegt wird und anschließend zunächst 95 % der Gesellschaftsanteile (grunderwerbsteuerfrei) veräußert werden. Der Verkäufer behält formell 5 % der Anteile, hat aber regelmäßig keinerlei Mitspracherechte über das Grundstück. Erst wenn nach Ablauf steuerlicher Fristen diese 5 % übertragen werden, fällt anteilig für diese 5 % Grunderwerbsteuer an.
Steuerschlupfloch Grunderwerbsteuer mittels „Share Deal“ schließen
Dem Ziel eines transparenten Steuersystems dient auch unsere Forderung danach, missbräuchliche Vertragsgestaltungen nach dem so genannten Share-Deal-Modell abzuschaffen. Sie führen dazu, dass 95 % der eigentlich anfallenden Grunderwerbsteuer bei einem Grundstücksverkauf umgangen werden. Dies verursacht bei den Ländern hohe Steuerausfälle. Wir werden unseren Einfluss im Landtag geltend machen, damit das Land Niedersachsen über den Bundesrat notwendige Gesetzesinitiativen zur Schließung dieses Steuerschlupfloches ergreift.
Landes- und Kommunalhaushalte
Kommunale Insolvenz
Bund und Länder haben in den letzten Jahren immer mehr Belastungen auf die Kommunen abgewälzt. Zusammen mit einer falschen Steuerpolitik hat dies zu einer Überschuldung der niedersächsischen Kommunen beigetragen. Es ist absehbar, dass die meisten niedersächsischen Kommunen ihre Schulden aus eigener Kraft nicht mehr abbauen können. Wir setzen uns daher für die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Einführung eines geordneten Insolvenzverfahrens für Kommunen durch eine Bundesratsinitiative ein.
Durch einen konsequenten Schnitt auf der Gläubigerseite könnte die Handlungsfähigkeit der Kommunen wieder hergestellt werden. Es ist in Verhandlungen über die Abfindung der Gläubiger einzusteigen. Mehrheitlich sind diese bei Banken und Finanzinvestoren zu finden.
Durch die wiedergewonnene Handlungsfähigkeit der Kommunen würden gerade das Handwerk und der Mittelstand in der jeweiligen Region profitieren. Durch einen sanierten Haushalt könnten viele, bisher aufgeschobene, Investitionen durchgeführt werden.
Öffentlich Private Partnerschaften ablehnen
Die Aufrechterhaltung einer grundlegenden Infrastruktur für Bildung, Gesundheit, Energieversorgung, Transport usw. ist Aufgabe des Staates. Eine weitere Privatisierung in diesen Bereichen sehen wir kritisch. Ziel muss es sein, dass Kommunen ihre Infrastruktur selbst finanzieren können. Genossenschaften von Bürgern, in der die Nutzer einer Infrastruktur diese selber betreiben, sehen wir als eine mögliche und sinnvolle Alternative zu einer weiteren Verschuldung der Kommunen. Da das Ziel der Genossenschaften nicht die Gewinnmaximierung sondern die Erfüllung der gewählten Funktion ist, arbeiten diese sozial verträglicher als gewinnorientierte Unternehmen.
Wir setzen uns für verantwortungsvolles, wirtschaftliches Handeln ein, und lehnen deswegen das Modell der Öffentlich Privaten Partnerschaften grundsätzlich ab. Diese lassen sich mit unserem Demokratieverständnis nicht vereinbaren. Verträge, die Bund, Länder und Kommunen mit Privatunternehmen schließen, müssen für die Volksvertreter, aber auch direkt von Ihnen als Bürger, kontrollierbar sein. Geheimverträge müssen deshalb vermieden werden. Der Schutz des Geschäftsgeheimnisses eines Privatunternehmens darf nicht über der staatlichen Pflicht zum nachvollziehbaren Handeln stehen. Es ist verlockend, statt einer einmaligen Investition, auf ein Leasingmodell zu setzen, bei dem der aktuelle Haushalt dank der deutlich kleineren, sofort fälligen Summe nicht blockiert wird. Dadurch werden jedoch zukünftige Haushalte auf Jahrzehnte belastet und es kommt zu einer versteckten Verschuldung, die nicht in der Bilanz auftaucht.
Transparenter Landeshaushalt auch bei Bürgschaften
Soweit trotzdem zur Vermeidung von Kreditaufnahmen des Landes Aufgaben auf private Träger verlagert und durch Bürgschaften des Landes abgesichert werden, fordern wir deren transparente Offenlegung. Diese Bürgschaften belasten den Landeshaushalt erst dann mit Zahlungen, wenn das Land als Bürge in Anspruch genommen wird. Was vordergründig als Vorteil und sinnvoll erscheint, birgt tatsächlich gewaltige Risiken für künftige Haushalte und dient ausschließlich dem Zweck, Ausgaben aus dem Haushalt auszulagern, um diesen noch verfassungsgemäß zu halten.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle vom Land gewährten Bürgschaften offengelegt und die enthaltenen Risiken regelmäßig vom Finanzausschuss des Landtages überprüft werden. Für erkannte hohe Risiken müssen Rücklagen gebildet werden, um zukünftige Generationen nicht zu belasten. Für den Bundeshaushalt soll durch Niedersachsen eine entsprechende Initiative über den Bundesrat eingebracht werden.
Doppik auch auf Landesebene
Insgesamt setzen wir uns dafür ein, dass die Haushalte transparenter werden und fordern deshalb die zeitnahe Einführung der Doppik (Doppelte Buchführung in Konten) auf niedersächsischer Landesebene. Bei der Umsetzung muss darauf geachtet werden, dass die Liegenschaften der Stadt mit ihrem tatsächlich realisierbaren Wert bewertet und keine angenommenen unrealistischen Werte als Grundlage für das Vermögen der Stadt zu Grunde gelegt werden. So können die Werte als Sicherheiten für zukünftige Kreditaufnahmen dienen und einer Überschuldung vorbeugen.
Wirtschaftspolitik
Beendigung der Pflichtmitgliedschaft in Kammern
Wir treten dafür ein, dass Unternehmen sich freiwillig für oder gegen die Mitgliedschaft in einer Industrie- und Handels-, Landwirtschafts- oder Handwerkskammer entscheiden können. Pflichtmitgliedschaften erachten wir nur da für notwendig, wo die Kammern für eine wirksame Berufsaufsicht zuständig sind (z.B. Rechtsanwälte, Ärzte oder ähnlichen Berufsgruppen). Hier treten wir zusätzlich für eine bessere öffentliche und transparente Beaufsichtigung dieser Berufsgruppen ein. Wir werden entsprechende Änderungsinitiativen des Landes Niedersachsen über den Bundesrat beantragen.
Neuordnung des Glücksspielmarktes
Zur Liberalisierung in der Wirtschaftspolitik gehört für uns auch, dass wir eine umfassende Neuordnung des Glücksspielmarktes fordern. Wir streben eine bundeseinheitliche Regelung an, die sowohl den Anforderungen des europäischen Wettbewerbsrechts als auch dem Internetzeitalter gerecht wird.
Eine Neuordnung muss die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen, die der öffentlichen Hand an Steuereinnamen, die der Anbieter, Spieler und betroffener Dritter an einer planungssicheren Rechtslage und die der Bevölkerung an effektiver Suchtprävention. Gerade hier besteht im aktuellen Entwurf noch Nachholbedarf. So müssen beim Aufbau der geplanten Sperrdatei für Glücksspielsüchtige Datenschutzbelange berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind Netzsperren bei der Neuregelung auszuschließen.
Grundlage einer Neufassung des Glückspielrechts könnte das im September 2011 verabschiedete Glücksspielgesetz Schleswig-Holsteins bilden, das, im Gegensatz zu den aktuellen Entwürfen der übrigen 15 Länder, von der EU-Kommission ohne Einschränkungen akzeptiert wurde.
Geldwäsche in Spielhallen muss unterbunden werden. Regelmäßige Kontrollen sind flächendeckend durchzuführen, um Manipulationen zu verhindern.
Bankentrennung in Niedersachsen
Wir sind für die schnellstmögliche Einführung des Trennbanken- Systems für die Sparkassen und die Nord/LB in Niedersachsen. Durch die rechtliche Trennung der Banken in eine Geschäftsbank und in eine so genannte Investmentbank (Wertpapier-Handelsbank) wird verhindert, dass bei Wertpapiermarkt-Turbulenzen die Kundengelder für den Handel mit Wertpapieren haften und der eigentliche Geschäftsbetrieb einer Bank in Mitleidenschaft gezogen wird. Im schlimmsten Fall droht die Zahlungsunfähigkeit der Bank und der Totalverlust der Kundengelder, sowie die Einstellung des Zahlungsverkehrs und die Rückzahlung der Darlehen.
NordLB und Sparkassen werden angehalten, innerhalb von 2 Monaten eine Versammlung der Anteilseigner einzuberufen, um darüber zu entscheiden, ob sie als Geschäftsbank oder Investmentbank geführt werden wollen. Nach dieser Entscheidung hätten die Banken 9 Monate Zeit, um die Trennung zu vollenden. Kreuzbeteiligungen jeder Art müssen verboten sein. Jede systematische Umgehung führt zwangsläufig zur Aberkennung der Banklizenz als Geschäftsbank. Eine nachträgliche Umwandlung in eine Investmentbank ist möglich.
Investmentbanken sind nur als Partnerschaften zu führen. Die Eigentümer haften für ihr Handeln. Sie dürfen Filialen unterhalten, aber nicht über Sparkassen verfügen. Der Umgang mit Bargeld des Kunden ist nicht gestattet. Eigenhandel wird gestattet, sofern eine Finanztransaktionssteuer von 0,1 % entrichtet wird. Alle Derivate sind über registrierte Makler bzw. Börsen abzuwickeln.
Geschäftsbanken dürfen keine Geschäfte auf eigene Rechnung tätigen. Aktien dürfen im Namen und auf Rechnung von Kunden ge- und verkauft werden. Fonds dürfen nur vertrieben werden, wenn diese Produkte von der Bank selber erschaffen worden sind. Hypotheken und Darlehen dürfen nur weiterverkauft werden, wenn diese zwei Jahre lang ordnungsgemäß bedient worden sind.
Gewinnausschüttung der Sparkasse an die Kommunen
Wir sind für eine Ausschüttung der Gewinne der in öffentlicher Hand befindlichen Sparkassen an die Kommunen. Der Gewinn sollte nach Abzug eines angemessenen Betrages zur Stärkung des Eigenkapitals und der Risikovorsorge an die Kommunen ausgezahlt werden. Über die Verwendung dieses Gewinns müssen die gewählten Volksvertreter entscheiden können.
Unterstützung VW-Gesetz
Die im VW-Gesetz verankerten besonderen Stimmrechtsbeschränkungen befürworten wir. Für viele Bürger in Niedersachsen und für das Land insgesamt spielt der VW-Konzern eine herausragende wirtschaftliche und soziale Rolle. Auch wenn die besonderen Schutzrechte, die dieser Bedeutung gerecht werden, ebenfalls in der Satzung der VW AG mit 98% der Aktionärsstimmen verankert wurden, spiegeln die Regelungen des VW Gesetzes die Verantwortung der Wirtschaft für die Mitarbeiter von VW und den Menschen in Niedersachsen wieder. Diese Verantwortung darf nicht den alleinigen Interessen der Wirtschaft untergeordnet werden.
Wir unterstützen daher das Land Niedersachsen und die Bundesrepublik Deutschland in ihrer rechtlichen Wertung gegenüber der Kommission der Europäischen Union.
Die Wertung der Bundesregierung in Bezug auf den Stimmrechtanteil ist rechtlich zulässig. Auch ohne ein Gesetz hat eine Gesellschaft das Recht gemäß des Aktiengesetzes eine von 75 % abweichende Bestimmung festzulegen. Von diesem Recht haben die Aktionäre des VW-Konzerns Gebrauch gemacht.
Im Falle der Änderung nach den Wünschen der EU-Kommission besteht die Möglichkeit, dass die Arbeitnehmerrechte im VW-Konzern eingeschränkt werden. Dies stellt weiterhin eine Bedrohung der Arbeitsmarktstruktur in Niedersachsen dar, da indirekt die Standortgarantie für die im Land verteilten Produktionsstätten bedroht ist.